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Altdorf (Duttweiler)
7. September 2009
Beben rüttelt nicht an Bohrerlaubnis
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Landesamt geht nicht auf Forderung der Stadt ein

Die Anwort von Harald Ehses (Präsident Landesamt für Geologie):
Im Stadtgebiet von Landau gab es am 15. August ein Erdbeben der Magnitude 2,7 auf der Richterskala (14:11 Uhr) sowie ein zweites Beben mit einer Magnitude von 1,6 (14:18 Uhr). Das etwas stärkere der beiden Ereignisse wurde mit den Daten mehrerer Lokal- und Regionalnetze, insgesamt 49 Messstationen, sowie des im Aufbau befindlichen "Erdbebendienstes Südwest" näher untersucht. Nach vorläufigen Ergebnissen liegt das Hypozentrum (Ort des Bebens in der Erde) circa 500 Meter nördlich des Geothermiekraftwerkes „Landau" in einer Tiefe von 2,5 +/-1,5 Kilometern.
Der Oberrheingraben ist eine seismisch aktive Region. In den letzten dreißig Jahren sind im 50-Kiiometer-Umkreis von Landau mindestens 263 seismische Ereignisse mit vergleichbaren Magnituden registriert worden. Durch diese seismischen Ereignisse verursachte Bauschäden sind dem Landesamt für Geologie und Bergbau nicht bekannt Nach gegenwärtigem Wissensstand ist ein Zusammenhang mit technischen Maßnahmen an der Geothermieanlage Landau und dem Entstehen seismischer Aktivitäten nicht ausgeschlossen. Nach Einschätzung des LGB sowie des Landeserdbebendienstes Baden-Württemberg gibt es Hinweise, dass es sich beim Beben vom. 15.08.09 in Landau um eine durch die Geothermie ausgelöste seismische Aktivität handeln könnte. In der Größenordnung liegt sie im Bereich natürlicher und - wie obige Zahlen belegen - immer wieder im Oberrheingraben vorkommender Magnituden. Seismische Ereignisse kommen nicht nur natürlich vor. Induzierte Beben sind im Zusammenhang mit der Öl- und Gasförderung bekannt (z.B. Holland/Groningen).
Aus diesem Grund hat das Umweltministerium eine Expertengruppe zur Analyse und Bewertung der seismischen Ereignisse um Landau eingerichtet. Die Expertengruppe wird die ersten Auswertungen des Betreibers des Geothermiekraftwerks Landau, des Landesamtes für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz und des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg tiefergehend analysieren und entsprechende Bewertungen und Empfehlungen geben.
Weiterhin soll diese Expertengruppe Empfehlungen für die grundsätzliche Geothermienutzung im Oberrheingraben erarbeiten.
Was Ihre Frage zum Geothermiestandort Altdorf betrifft können zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussagen über die Wahrscheinlichkeit des Auftretens seismischer Ereignisse in Altdorf und über die Auswirkungen auf das bergrechtliche Genehmigungsverfahren formuliert werden.

Nach dem Erdbeben in Landau hat die Rheinpfalz weiter recherchiert:
Das Landesamt für Geologie und Bergbau wird die Bohrgenehmigung nicht zurücknehmen, die es dem Karlsruher Unternehmen Geoenergy für den Standort zwischen Altdorf und Duttweiler erteilt hat. Das sagte Behördenleiter Harald Ehses. Die Stadt Neustadt hatte die Rücknahme wegen eines Erdbebens unweit des Landauer Erdwärme-Kraftwerks gefordert.
Geoenergy plant dicht am Ortsrand von Duttweiler ein Erdwärme-Kraftwerk zur Stromerzeugung. Seit sich am 15. August in Landau ein Erdbeben der Stärke 2,7 auf der Richterskala in der Nähe des dortigen Erdwärme-Kraftwerks ereignet hat, fürchtet die Bürgerinitiative in Duttweiler, dass sich etwas Ähnliches auf Neustadter Gemarkung zutragen könnte. Die Ursache des Landauer Bebens ist noch nicht endgültig geklärt - darum kümmert sich eine vom rheinland-pfälzischen Umweltministerium eingesetzte Kommission -, doch ein Zusammenhang mit dem Kraftwerk gilt als wahrscheinlich.
Das Beben war auch nicht das Erste, das Landesamt hat drei weitere mit denselben Koordinaten am 20. Mai registriert, die mit einer Stärke von 1,6, 1,7 und 1,9 auf der Richterskala schwächer waren. In Insheim, wo auch nach Erdwärme gebohrt wird, gab es am 8. Mai vier Beben mit einer Stärke von 2 beziehungsweise 2,1, auch diese relativ dicht unter der Erdoberfläche. Ehses hatte diese geringe Tiefe als Indiz dafür genannt, dass ein Zusammenhang mit dem Kraftwerk bestehen könnte.
„Die Zulassung ist draußen", sagte Ehses auf Anfrage. Und diese rechtmäßige Bohrgenehmigung werde das Landesamt auch nicht mehr zurückholen, andernfalls könne es sich schadenersatzpflichtig machen. Der Neustadter Oberbürgermeister Hans Georg Löffler (CDU) hatte das Landesamt aufgefordert, die Bohrgenehmigung zu überdenken. Ehses bezeichnete die Genehmigung als normalen Verwaltungsakt, das Landauer Beben sei kein Versagensgrund. Er rechnet in ein bis zwei Monaten mit einem Ergebnis der Expertenkommission bezüglich der Ursache des Bebens.
Außerdem hat Neustadt bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Widerspruch gegen deren Zielabweichungsverfahren eingelegt. Darüber wird die SGD selbst entscheiden. In dem Zielabweichungsverfahren war die Behörde zur Auffassung gelangt, dass das Kraftwerk bei Altdorf/ Duttweiler möglich ist.
Für das Geologische Landesamt ist es offenbar neu, dass „hydrothermale" Geothermie Erdbeben auslösen können. Dabei werden natürliche Heißwasservorkommen im Untergrund genutzt: Das Wasser wird nach oben gepumpt, zur Energiegewinnung (dabei sind Stromerzeugung und Fernwärme möglich) genutzt und zurück in den Untergrund gepresst. Nach diesem Verfahren arbeitet das Landauer Kraftwerk, weitere Bohrungen gibt es in Speyer, Offenbach und Bellheim, und dies ist auch bei Duttweiler geplant. Das Erdbebenproblem war bisher eher vom so genannten „Hot-Dry-Rock-Verfahren" bekannt, bei dem heiße, trockene Tiefengesteine, etwa Granit angebohrt werden. In diese Gesteine wird Wasser gepumpt, das sich erhitzt und durch eine zweite Bohrung wieder nach oben gepumpt wird. Dabei entstehen Risse und Klüfte im Gestein, die Beben auslösen können - wie 2006 in Basel, wo es ein Beben der Stärke 3,6 gab. Bis 2011 soll in Rülzheim ein Kraftwerk mit diesem Verfahren gebaut werden.
Sabine Pierau, Projektleiterin bei Geoenergy, hält es für unwahrscheinlich, dass schwere Beben durch Geothermie ausgelöst werden können. Das Unternehmen arbeitet an seiner Lärmprognose für Duttweiler.
Lärm ist nach wie vor das Hauptargument der Duttweilerer Bürgerinitiative gegen das Kraftwerk. Neustadt Stadt hatte eigene Messungen machen lassen, wie laut beziehungsweise leise es dort nachts ist. An einer Stelle seien tags 49,9, nachts 43 Dezibel, an einer zweiten tags 43,7, nachts 36,1 Dezibel gemessen worden. Dies entspreche etwa dem, was Geoenergy zur Erhebung des Ist-Zustandes gemessen habe, sagte Stadtbaudirektor Volker Klein, der dies als sehr leise bezeichnete. Vor allem sei die Qualität der Geräusche - reine Natur, allenfalls mal Fahrzeuge - eine völlig andere als das, was von einem Kraftwerk an Dauerbrummen zu erwarten sei. Für das Kraftwerk liegt noch keine baurechtliche Genehmigung vor. Dies wird auch noch dauern.

Pressespiegel
Beben rüttelt nicht an Bohrerlaubnis Die Rheinpfalz, 4. September 2009
Die Rheinpfalz Landau 5. September 2009
Die Rheinpfalz, 7. September 2009