
Schweitzer im Rheinpfalz-Sommercafé
Die Landauer Redaktion der Rheinpfalz veranstaltete am Marktplatz ein Sommercafé. Thema war unter anderem die Geothermie. Dementsprechend herrschte großer Andrang, die Bürgerinitiativen aus Schaidt, Freckenfeld, Steinweiler und Haßloch fühlten Staatsekretär Alexander Schweitzer auf den Zahn. Mit dabei waren auch mit Branka Rogulic, Geschäftsführerin des Landauer Kraftwerk-Betreibers Geox sowie Jörg Baumgärtner, Geschäftsführer der Pfalzwerke Geofuture, die das Kraftwerk in Insheim betreibt. Aus dem Artikel in der Rheinpfalz: Er habe, so Schweitzer, die von Wissenschaftlern als leicht eingeschätzten Beben im August und September 2009 an seinem Wohnort in Billigheim-Ingenheim selbst gespürt. "Ich kann ihre Verunsicherung verstehen." Die Landesregierung habe daraufhin versucht, Einfluss zu nehmen, indem sie dem Betreiber Auflagen gemacht und die Genehmigungen sehr kurz befristet habe. "Die Ende Juni erteilte Genehmigung endet zum Beispiel zum 30. September." Außerdem habe man sich die Möglichkeit offen gelassen, sollten entsprechende Erkenntnisse vorliegen, jederzeit neue Auflagen machen zu können . Schweitzer informierte, dass sich die eigens eingesetzte Expertenkommission gerade am Montag getroffen habe, um letzte Details zu klären, und voraussichtlich in der letzten Septemberwoche ein Urteil vorlegen werde. Eine ihrer Aufgaben lautete, Vorschläge zu machen, wie Erschütterungen möglichst vermieden werden können. "Sie völlig auszuschließen, ist wohl unwahrscheinlich", so der Staatssekretär. Nicht verhehlen wollte er, dass sich die Politiker, die sich in jüngster Zeit sehr zurückhaltend zur Geothermie geäußert hatten, einmal ganz anders klangen. "Ob Regierung oder Opposition, keiner wollte dem anderen die Urheberschaft des Vorzeigeprojektes Geothermie zubilligen." Den Gegnern aus Schaidt versuchte Schweitzer zu verdeutlichen, dass die Landesregierung keine andere Wahl hatte, als die Bohrungen zu genehmigen. "Wir haben intensiv gesucht, aber keine Versagungsgründe gefunden. Ich weiß, dass das für sie unbefriedigend ist, aber wir mussten die Genehmigung erteilen, sonst wäre ich persönlich dafür haftbar gemacht worden." Und: "Wir setzen ein Gesetz um, wenn wir merken, dass wir nicht anders können." Mittlerweile hätten der Wasserverband und die Stadt Wörth Widerspruch eingelegt. "Und wenn es gute Gründe gibt, dann wird das Verfahren wieder auf Null gesetzt." Wenig Verständnis für das Verhalten der Politiker zeigten die Vertreter der Bürgerinitiativen. Ihnen leuchte nicht ein, dass das Bergrecht über alles andere gestellt werde. So sagte Mechthilde Badtke aus Schaidt, dass "dem kleinen Mann" in einem Wasserschutzgebiet die Hände gebunden seien, das Bohren nicht erlaubt sei, dies aber für die Geothermie nun nicht gelten solle. "Wenn ich es persönlich zu entscheiden hätte, dann wäre das Bergrecht kein Bundesrecht", machte Schweitzer deutlich. Kein Problem sehe er auch in einer verstärkten Bürgerbeteiligung. "Die brauchen wir." Große Sorge, so war gestern immer wieder zu hören, macht den Initiativen, dass sich Geschädigte möglicherweise auf dem Klageweg mit den Betreibern "rumreißen" müssten. Schließlich könne es passieren, dass bei den vielen geplanten Bohrungen in relativer räumlicher Nähe jede der zahlreichen Betreiberfirmen die Schuld auf die Konkurrenz schiebt. Hier, so Schweitzer, könne das "Obmann-Modell" helfen. "Dieser Obmann könnte beispielsweise ein pensionierter Richter sein." In Schadensfällen, in denen sich Geschädigter und Gutachter nicht einig seien, entscheide der Obmann. "Und in Fällen, in denen der Verursacher nicht eindeutig festgestellt werden kann, könnte das Fondsmodell wirksam werden", sieht der Staatssekretär eine mögliche Verfahrensweise. Diese Idee finde natürlich wenig Beifall bei den Unternehmen, so Schweitzer. Werner Freudenmacher aus Freckenfeld nutzte … die Gelegenheit, Schweitzer Unterschriften von über 1000 Gegnern des Geothermieprojekts in Schaidt zu übergeben. Er äußerte die Befürchtung, das Grundwasser könne durch die Bohrung auf Generationen hinaus geschädigt werden, "und das, um 20 Jahre Erdwärme zu nutzen". "Lassen Sie uns nicht im Regen stehen", bat er.
Auch Meinungen und einzelner Besucher und Fachleute wurden in der Rheinpfalz ausführlich abgedruckt:
Branka Rogulic: Gesprächsbereit … "Ich kann es nur immer wieder anbieten, dass Sie uns besuchen, wir zeigen Ihnen die Technik gerne, beantworten Ihre Fragen", bietet sie … an. Klärungsbedarf besteht ihrer Meinung nach. "Wenn die Bürgerinitiativen davon sprechen, dass nur zehn Prozent der durch Erdwärme erzeugten Energie ins Netz eingespeist werden, dann gilt das für uns nicht." Der Eigenverbrauch der Anlage in Landau liege konstant bei 30 Prozent, 70 Prozent gelangten ins Netz. "Finanziell schwer zu kämpfen haben wir deshalb, weil wir die Millioneninvestitionen an die Landesbank und die Gesellschafter zurückführen müssen, auf der anderen Seite aber durch die Auflagen Kosten entstanden sind und die gedrosselte Fließrate den Gewinn schmälert."
Mechthilde Badtke: Protest mit Hund >Als in der Bürgerinitiative Schaidt Leute gesucht wurden, die in Sachen Geothermie beim Sommercafé Staatssekretär Alexander Schweitzer die Meinung geigen sollten, ist Mechthilde Badtke gleich dabei gewesen. Gestern haben sich die Schaidter rechtzeitig mit mehreren Autos gen Landau aufgemacht. Mechthilde Bandte hatte ein Plakat mitgebracht, darauf das Goethe-Zitat: Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht. Außerdem ergriff sie lautstark das Wort und und artikulierte gegenüber Schweitzer ihr völliges Unverständnis, dass vor den Toren Schaidts in einem hochkarätigen Wasserschutzgebiet nach Erdwärme gebohrt werden soll. Wie auch einige besorgte Haßlocher, schüttelte sie den Kopf bei einigen Argumenten des Vertreters der Mainzer Landesregierung. "Seit diesem Frühjahr gehöre ich der Bürgerinitiative an, seit die Pläne von Geoenergy bekannt wurden", erzählt Badtke. Das sei doch wahnsinnig gefährlich in diesem Wasserschutzgebiet der Stufe drei, wundert sich die 59-Jährige, die mit ihrem Mischlingshund gekommen ist. …
W. Freudenmacher: Angst um die Natur Werner Freudenmacher kommt aus Freckenfeld. Mit den …-Besuchern aus Schaidt und anderswo eint ihn die Sorge um die Folgen der Geothermie für Mensch und Natur. Viel Risiko, so meint er, ohne wirklichen Nutzen für die Bürger rund um die Bienwald-Gemeinde. "Denn ein solches Kraftwerk bietet nur wenigen einen Arbeitsplatz", meint er und auch die Gewerbesteuer sei vernachlässigbar. Sorge macht er sich auch, dass man sich abhängig machen könnte. Sinn mache ein solches Kraftwerk nur in Kombination mit einem Blockheizkraftwerk. "Aber was mache ich, wenn ich jetzt meine Heizung und alles umrüste und in 20 Jahren, wenn keine Erdwärme mehr gefördert wird, ich alles erneut umbauen muss?", fragt er sich. Doch den Informatiker interessieren nicht nur Rechenexempel. Seine Sorge gilt auch der Natur. Er erinnert an das Bienwald-Großprojekt, das der damalige Umweltminister Trittin angestoßen hatte, an Landschafts-, Wasser- und Vogelschutzgebiete, die sich im Bienwald rund um das künftige Bohrloch überlagern. So ist eine besonders schützenswerte Libellenart seiner Meinung nach in ihrer Existenz bedroht, sollte das Kraftwerk kommen. "Warum muss es denn die tiefe Geothermie sein. Täte es nicht auch die oberflächennahe Ein-Loch-Bohrung?", fragt er sich. In einer Stellungnahme an Vertreter der Bürgerinitiative Duttweiler distanziert sich der Zitierte von den durchgestrichenen Aussagen. Sie seien von der Zeitung aus dem Zusammenhang gerissen oder so von ihm nie gesagt worden.
Jörg Baumgärtner: Treibende Kraft Die Geothermie ist auch das Thema von Jörg Baumgärtner. Von Haus aus ist er promovierter Geophysiker, die Erdwärme liegt ihm am Herzen. 2001 gründete er die Gesellschaft Bestec mit Sitz in Landau, die zusammen mit den Pfalzwerken und der Energie Südwest in dem Unternehmen Geox die Entstehung des Erdwärmekraftwerks vorantrieb. Die Bestec ist außer in Landau auch an Erdwärmeprojekten unter anderem in Soultz im Elsass, Insheim, Oberhaching/Grünwald bei München und in Abu Dhabi engagiert. Aus seiner Sicht werden oft Messgrößen vermischt. "So kann bei der geothermischen Energiegewinnung der Wirkungsgrad nie 100 Prozent betragen", sagt er und verweist auf Physiker Carnot. Zwölf, 13 Prozent seien bei der Stromerzeugung aus Geothermie möglich. "Der niedrigen Temperaturen wegen." Erst durch die Hinzunahme der Wärmeauskoppelung steige der Wert auf deutlich über 50 Prozent. Zum Vergleich, so Baumgärtner, erreichten moderne Kohlekraftwerke einen Wert von rund 40 Prozent. "Allerdings bei Temperaturen von über 1000 Grad", gibt der Geophysiker zu bedenken.
Marita Gobbert: Keine Tiefenangst Als vor einiger Zeit in Landau die Erde bebte, hat es ihre Katze als erste gemerkt. Marita Gobbert, promovierte Ärztin, die uns gestern am sonnigen Nachmittag im Sommercafé besuchte, wohnt in Landau und hat keine Angst vor der Geothermie, die nach den Bewegungen im Untergrund ja in die Diskussion geraten war. Da spiele wohl die ungestimmte Angst vor allem Neuen eine Rolle, vor dem "Teufel in der Tiefe". Sie selbst hat keine Angst vor der Geothermie, diese sei eine gute Alternative bei der Lösung der Energieprobleme, werde gewiss noch technisch weiterentwickelt und ausgereift…
Peter Gast: Organisierter Protest Peter Gast ist Mitbegründer der Bürgerinitiative Schaidt, die sich gegen die Ansiedelung eines Erdwärmekraftwerkes in der Bienwald-Gemeinde zur Wehr setzt. Unermüdlich engagiert er sich, so auch am kommenden Montag, an dem die BI zu einer Kundgebung auf dem Gemeindeplatz in Schaidt aufruft. "95 Prozent aller Schaidter über 16 Jahre haben sich gegen das Kraftwerk ausgesprochen", macht er die Stimmungslage deutlich. "Früher sind die Leute dorthin gezogen, wo Braunkohle oder Erze abgebaut wurden. Heute wird die Erdwärme zu einem Bodenschatz erklärt und das Kraftwerk einem Dorf wie Schaidt vor die Nase gesetzt." Und noch etwas macht ihn wütend. "Wir bezahlen die Schäden an unseren Häusern auch noch selbst, ohne etwas davon zu haben." Schließlich könnten die Schaidter Bürger nicht mit verbilligtem Strom rechnen oder gar mit Wärme. Als Versuchskaninchen fühlt er sich von der Politik allein gelassen. "Da wird gebohrt, nur um zu sehen, was da unten ist. Doch vor der Hacke ist es dunkel", zitiert er einen alten Spruch der Bergleute, um auf mögliche Gefahren hinzuweisen.
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