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Landau
20. Januar 2011
Einzelner hat keine Chance
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Informationsabend der Bürgerinitiativen

Die Rheinpfalz berichtete ausführlich über einen Informationsabend der Bürgerinitiativen (BI) Landau und Steinweiler im Landauer Reptilium. Auch die BI Duttweiler war mit Thorsten Brieskorn, Eva Hoffmann sowie Ortsvorsteher Gerhard Syring-Lingenfelder vertreten. Die Zeitung schreibt:
„Gefahren und Risiken der Geothermie" lautete der Titel …, zu dem die Bürgerinitiativen … eingeladen hatten. Es wurde auch eine Werbeveranstaltung für die Initiativen selbst. Die Erkenntnis: Will man etwas gegen die Betreiber ausrichten, so geht das - wenn überhaupt - nur gemeinsam.
„Erdbeben und Landabsenkungen", „Gase im Tiefenwasser" - so und ähnlich lauteten die Schlagzeilen auf Plakaten. Das Interesse war den Bürgerinitiativen an diesem Abend sicher. Rund 100 Zuhörer waren gekommen, um die Argumente derer zu hören, die dieser Energieform skeptisch gegenüber stehen. .
„Leider haben die Beben große Schäden verursacht", so Walter Ecker, Vorsitzender der BI Geothermie Steinweiler. Werner Müller, Vorsitzender der Landauer BI, wurde noch konkreter. „Die Seismizität begann mit Inbetriebnahme der Anlage." Eigentlich sei er der Geothermie gegenüber positiv eingestellt gewesen. „Zunächst dachten wir, die Erschütterungen kämen vom Steinbruch in Albersweiler." Nach den Beben 2009 sei jedoch klar gewesen, dass sie von der Erdwärme-Förderung herrührten. .
Anhand einer Luftaufnahme vom Stadtgebiet erläuterte Müller den Aufbau des Kraftwerks. „Hier ist wahrscheinlich die Reinjektionsbohrung, dort die Förderbohrung. Doch wir bekommen keine Infos", kritisierte der Geschäftsmann. Mit roten Punkten sind die „neuesten Schäden" markiert. Blaue Punkte stehen für die vom Betreiber an Bodenplatten öffentlicher Gebäude installierten Geräte, mit denen die Bodenschwinggeschwindigkeit gemessen wird. „Ich wollte ein Messgerät für mein Haus haben, aber das hat der Betreiber abgelehnt. Jetzt kann sich jeder fragen, warum", stellte er in den Raum. .
Die Liste der Argumente gegen die Geothermie, die Müller aufführte, ist lang. „90 Prozent der Wärme wird bei der Abkühlung des Thermalwassers an die Umgebung abgegeben. Und der Betreiber behauptet, das ist klimafreundlich. Das ist doch unglaublich." Außerdem liege der Eigenenergiebedarf der Anlage „zwischen 30 und 70 Prozent". Während der dort produzierte Strom „voll subventioniert" werde, bediene sich der Betreiber selbst billigen Industriestroms. Zweifel hegt Müller auch an der Unbedenklichkeit des Wassers. Dass es - wieder verpresst - tatsächlich dort landet, „wo es hin soll". Und dass der Wasserdampf unbedenklich ist. „Enthalten sein können Kohlendioxid, Schwefel, Stickstoff und Radon. Ich habe den Dampf gerochen, er stinkt nach Terpentin und Teer."
Seit dem Start der Anlage habe es 30 Beben gegeben, ob vom Landauer oder Insheimer Kraftwerk verursacht, sei schwer nachzuvollziehen. Sorge bereiten ihm auch die Maßnahmen, die der Betreiber ergreife, um den Durchfluss zu verbessern. „Die Poren werden mit 15.000 Liter Salzsäure pro Aktion geöffnet oder mit Druckluft. Ich kann aus meinem Büro immer genau sehen, was da abgeht." Zudem sei die Energie nicht nachhaltig. Es werde soviel Wärme entnommen, dass das Reservoir irgendwann erschöpft sei. „Wahrscheinlich nicht erst in 20 Jahren. Und was macht man dann mit den Fernwärmeleitungen?" .
Müller rügte die Expertenkommission, die „schlampig recherchiert" und ein Jahr gebraucht habe, um zu einem Urteil zu kommen. Das sei ein „Skandal". In aller Ausführlichkeit legten die von ihm beauftragten Sachverständigen Harald Kiefer und Peter Knödel dar, warum sie Erdbeben als Ursache der Risse nicht ausschließen können. „Die Erdbebenlast ist ein bisschen größer als die Windlast", meinten sie zu den Kräften, die auf die Wände eingewirkt haben. .
Müller berichtete aber auch von Schäden in Queichheim, wo durch Risse in der Bodenplatte und der Betonwanne Grundwasser eingedrungen sei. „Frau Dr. Rogulic (bisherige Geox-Geschäftsführerin, Anm. d. Red.) hat gesagt, sie würde sich kümmern, aber es hat sich niemand gemeldet", klagte ein Betroffener. „Da müssen wir das eben tun", antwortete Müller. „Ich glaube, da kommt einiges auf die Betreiber zu, die können sich schon warm anziehen." .
Rechtsanwalt Werner Forkel von der BI Steinweiler riet den Bürgern, den Zustand ihrer Häuser zu dokumentieren, auch wenn sie noch keine Risse haben. Bauingenieur Kiefer sagte auf eine Frage hin, dass auch Risse im Keller von Erdbeben herrühren könnten. „Man muss jeden Fall einzeln prüfen." Dem pflichtete Forkel bei, der eine Sammelklage für nicht realisierbar hält. „Jeder Schaden muss schließlich einzeln begutachtet werden." .
Gertraud Migl, Vorsitzende der Stadtratsfraktion des Unabhängigen Bürgerforums, erntete auf ihre Frage: „Können wir uns diese Anlage überhaupt leisten? Müssten wir nicht fordern, sie stillzulegen?" Applaus. Müller regte an, den Energieversorger zu wechseln und den Betreiber damit unter Druck zu setzen. „Und treten Sie der BI bei, das ist der erste Schritt. Als Einzelner haben sie keine Chance."
In einem Kommentar beschäftigte sich die Rheinpfalz weiter mit der Veranstaltung:
Die Causa Müller
Die Veranstaltung der Bürgerinitiativen Landau und Steinweiler war ein Erfolg. Immerhin hatten fast 100 Menschen den Weg ins Reptilium gefunden. Sie erhofften sich Aufklärung über „Gefahren und Risiken der Geothermie".
Doch der Erfolg schien lange gefährdet. Zwei Stunden ging es nämlich fast ausschließlich um die „Causa Müller". Der Geschäftsmann selbst, Vorsitzender der Landauer BI, und zwei von ihm beauftragte Sachverständige plädierten in eigener Sache. Punkt für Punkt versuchten sie, das Gutachten des Kraftwerkbetreibers zu entkräften - aber nur, soweit es die Schäden an Müllers Haus betraf. Das gelangweilte Publikum musste einen Vortrag über Baustatik und Windlast, über Scherbewegungen, Materialverhalten und Kilo-Newton über sich ergehen lassen. „Der macht da vorne seine Doktorarbeit, das interessiert doch gar nicht", war zu hören. Erst als in der dritten Stunde die Zuhörer, oft Besitzer älterer Häuser und nicht moderner Architektur in exponierter Lage, doch noch fragen durften, was ihnen auf der Seele brennt, nahm der Abend die richtige Wendung.

Pressespiegel
Einzeln haben Sie keine Chance Rheinpfalz, 22. Januar 2011